Familie-und-angeln

„Zwischen Schulferien und Feiertagen“ Angeln als Familienvater – ein ständiger Kompromiss

Ist ambitioniertes Karpfenangeln so überhaupt möglich? Diese Frage könnte man im Grunde leicht mit NEIN beantworten. Doch welcher Angler will das schon? Mit dem Alter verändern sich viele Dinge und will man seine Leidenschaft nicht völlig aufgeben, muss man zu Kompromissen bereit sein. So lernte ich eine andere Betrachtungsweise auf das Karpfenangeln kennen. In diesem Artikel möchte ich euch davon berichten.

ANGELN NACH TERMINKALENDER
Aus diversen Gründen ist es mir einfach seit Jahren nicht möglich eine klassische Woche mit Zelt, Liege und Campingkocher am See zu verbringen. Aber das geht auch anders, vielleicht auch viel luxuriöser als erwartet. Ich plane meine Sessions mittlerweile gern in Kombination mit anstehenden Freizeitpflichtterminen, meist gar ein Jahr im Voraus. Als Pflichttermine bezeichne ich Brücken-, Feiertage oder eben die Schulferien, zu denen man als Vater bestmöglich ohnehin Urlaub einreicht, um mit der Familie Zeit zu verbringen.

Zeit mit der Familie zu verbringen, ist eine tolle Sache.
Noch besser ist allerdings: Zeit mit der Familie verbringen und nebenbei Fische fangen!
Wie das manchmal klappt und warum auch manchmal nicht, erzähle ich gern.

PLANUNG IST ALLES
Um meinen Plan zu angeln mit dem Familienurlaub kombinieren zu können, suche ich mittlerweile eine stabile Behausung direkt am Wasser. Folglich ist ein Ferienhaus der erste „Kompromiss“, zu meinem geliebten Zelt. Aber ein paar Ansprüche stelle ich dann doch und wähle mittlerweile nach klaren Kriterien aus. In erster Linie heißt es, ein Haus an einem mit Karpfen besetzten Gewässer zu finden. Hauptkriterien der Auswahl sind für mich zusätzlich, die Entfernung vom Bett zu den Ruten. Denn das Zelt hinterm Steg aufzuschlagen fällt beim Familienurlaub aus. Auch die größtmögliche Sicherheit zu bekommen, dass mein Angelgerät am Morgen noch an Ort und Stelle steht ist wichtig. Da wird die Wahl oftmals eng. Überhaupt in den Schulferien ein freies und erschwingliches Ferienhaus direkt am Wasser zu finden ist eine Art Lottohauptgewinn. Also suche ich nach einem abgeschlossenen Grundstück an einem motorbootfreien Gewässer, um Diebstahl und Einsammeln der Schnüre durch Motorboote vorzubeugen.
Am besten gibt es auch keine direkten Nachbarn mit Wasserzugang oder störende öffentliche Badestellen. So beugt man Streit um die besten Spots gleich vor.

Familien angeln auf Karpfen

Wenn das alles passt, mache ich schon mal drei Kreuze und werte Satellitenbilder aus, um mögliche Hot-Spots, wie umgestürzte und überhängende Bäume, Sandbänke usw. in erreichbarer Nähe ausfindig zu machen.

Den Rest der Familie interessiert das alles nicht. Die machen sich um ganz andere Sachen, als meine Angelei Gedanken. „Das Haus muss einfach schön sein“ und „baden wollen wir gehen…“, heißt es dann in der Regel. Es sollen auch sinnvolle Tagesausflugsziele in erreichbarer Nähe liegen und, und, und. Das heißt konkret: Es wird die eierlegende Wollmichsau gesucht, wie so oft im Leben.
Wer allerdings weiß, wie das sprichwörtliche Universaltier aussieht, dem wird es auch möglich sein es zu finden. Ich bin schon hin und wieder tatsächlich fündig geworden. Die Frage ist eben immer nur, was auf der Strecke bleibt und ob es für alle vertretbar ist.

Kinder beim Karpfen angeln

EFFEKTIVES ZEITMANAGEMENT
Ich habe meine Anforderungen schon im Centerpark in den Niederlanden, in meiner Heimat Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern erfüllt bekommen.
Da sich die hauptsächliche Beißlaune unserer beschuppten Freunde, meiner Erfahrung nach ohnehin auf die Abend-, Nacht und Morgenstunden beschränkt, ist am Tage Zeit für Familienunternehmungen. Das bedeutet im Klartext, dass ich fast jeden Tag im Urlaub alle Ruten abends frisch beködere, doch sie in der Regel nach dem Frühstück wieder im Schuppen stehen müssen, um den geplanten Ausflug einzuleiten. Frühstück auf der Terrasse mit ofenfrischen Brötchen und Blick auf die Ruten kann ich nur empfehlen. Während des Ausfluges verfalle ich allerdings schon wieder in Sorge, ob ich die Ruten zur vermeintlichen Beißzeit wieder draußen haben werde und ob ich wohl rechtzeitig vor den stürmischen Regenfällen o.ä. im Boot bin, um alles wieder „scharf zu stellen“.

Für meine Sorgen hat natürlich niemand Verständnis, wenn es beim Italiener in der Stadt dann gerade mal wieder länger dauert oder ein Stau auf der Rücktour stört.

Karpfen RodPod bei Nacht

WENN ALLES GLATT LÄUFT
An ein ausgewähltes Ferienhaus knüpfe ich besondere Erinnerungen. Sieben Nächte gebucht, Karpfenbestand ungewiss, sonst alle Kriterien zu fast 100% erfüllt. Mich begleitete die Funkbox fünf Nächte auf Schritt und Tritt. Ob ich Sie neben der Badewanne abstellte und ständig insgeheim hoffte, dass sie endlich loskreischt und mir doch wünschte, nicht nackt im Boot sitzen zu müssen oder beim Grillen in Gedanken verfiel, wer wohl das Fleisch wendet, wenn ich im Drill wäre. Auch die Katze könnte nachts von der Bettdecke in Richtung Zimmerdecke befördert werden, wenn der ersehnte Sound live im kuscheligen Boxspringbett ertönt. So war es dann tatsächlich auch. In Nacht Nummer fünf endlich ein Dauerton.

Karpfenangeln im Ferienhaus am Kamin

Er riss mich und den Kater auf der Bettdecke, sowie die tiefschlafenden Mitreisenden aus der Nachtruhe. Also Latschen an, durchs komplette Haus gesprintet, zwischendurch auf Fallobst auf dem Weg zum Steg ausgerutscht und dann endlich nach 25-30m an der Rute stehen. Das war der steinige Weg wert.
Die starken Kopfschläge ließen mich nicht lange fackeln und so machte ich das Boot zur Ausfahrt klar. Die aufgehende Sonne konnte mir die nackten Beine schon ein wenig wärmen.
Nach 20 Minuten heftigem Drill, kam ich mit der Erfolgsnachricht: „Ich habe einen im Sack.“ ins Schlafzimmer zurück.

Cool, ich freu mich für dich. Aber nächstes Mal nimmst du bitte die Funkbox mit zum Steg! Ja!?“, bekam ich noch zusätzlich erwidert.

Der „Katzenschreck“ ist ein traumhafter alter Spiegler mit knapp 17kg gewesen. Außer ein paar Brassen und zwei Spinnanglern interessierte sich niemand in dieser Sommerwoche für meine gespannten Schnüre. Aber besser so, als ständiger Satzeralarm, wenn ich in der Badewanne bin, dachte ich mir und buchte bei Abreise gleich für das kommende Jahr erneut eine Woche Aufenthalt.

Henning mit schönem Karpfen

Aber auch ein Jahr später gab es dann wieder nur einen Biss. Dafür aber einen der besonderen Art. Beim Brettspieleabend mit den Kindern und unseren Freunden, pfiff eine Rute am Nachbarsteg ab. Wie sich später herausstellte, die Rute der ich die geringsten Erfolgschancen einräumte (1,5m tief – Ende Oktober).
Dieses Mal waren es allerdings über 30m Weg durch unwegsames Gelände und das Suchen der Kopflampe, auf dem Spieletisch, was mich vom Fisch trennte. Ich stellte sofort beim Anheben der Rute fest, dass die Schnur verdächtig in Richtung Schilfgürtel ging. Der Fisch machte sich also durchs Kraut sofort ab in den Röhricht und schlitzte natürlich aus. Das war es dann auch. Die Woche ging trotz fünf Ruten, unterschiedlichst beködert, mit nur einer Aktion, völlig erfolglos zu Ende.

Auch so kann es an diesem sicher dünn besetzten See zugehen. Dafür verbrachten wir eine Woche Urlaub in einem tollen Haus mit allen Annehmlichkeiten, die ein eigentlich so hartes Blankerlebnis luxuriös erträglich machten. „Blanken vorm Kamin“ ist also nicht nur zu Hause auf der Couch möglich.
Ich kann also zusammenfassend sagen, dass eine solche Reise etwas Besonderes ist. Letztlich irgendwie ein Kompromiss für alle. Umso mehr freut man sich, wenn dann doch der Erfolg dazu kommt und die planerischen Strapazen belohnt werden.

Henning mit schönem Karpfen

Lasst den Kopf also nicht hängen, wenn eine Session wieder einmal für einen Familienurlaub weichen soll, sondern plant es doch einfach mal im Einklang miteinander. Kinder sind unserem Hobby meist gar nicht abgeneigt und sind völlig aus dem Häuschen, wenn der Alte dann doch mal ne dicke Bombe an Land zieht.

Probiert es mal aus!
Euer Henning