Karpfenangeln von der schwimmenden Plattform

Die erste Ausfahrt mit meiner Raptor Plattform liegt mittlerweile ein Jahr zurück und trotzdem habe ich sie noch so gut in Erinnerung als wäre es gestern gewesen. Wie ich auf die Idee kam, mir die doch etwas teure Plattform anzuschaffen und wie der erste Trip verlief, erfahrt ihr wenn ihr weiterlest.

WIE ALLES BEGANN
Vor einigen Jahren tauchten die ersten Bilder einer aufblasbaren Plattform bei Facebook auf und sofort war ich fasziniert und ehrlich gesagt, hin und weg. Mit diesem ersten Bild malte ich mir die schönsten Sessions aus, doch am Ende tat ich es als einen Traum ab. Zu dieser Zeit wusste man noch rein gar nichts über den Anbieter geschweige denn, fand man einen Link für mehr Informationen. So saß ich oftmals vor dem Bild und überlegte, was ich damit wohl alles anstellen könnte.
Dass man aber nicht nur die Plattform braucht und welcher Rattenschwanz da noch dranhängen würde, war mir völlig unklar. Ich war blind vor Liebe. Durch die zunehmende brisante Lage beim Angeln vom Ufer, durch Forst und andere Verbote, keimte der Gedanke vom Bootskarpfenangeln wieder in mir auf. Also machte ich mir erneut Gedanken, wie ich das Ganze umsetzen könnte und ob eine solche Anschaffung überhaupt Sinn machen würde.

WARUM PLATTFORM UND NICHT BOOT
Nach mehrtägiger Recherche stand ich vor mehreren Möglichkeiten. Allerdings war ich hin und her gerissen. Was kaufe ich mir? Ein Alu- bzw. Kajütboot oder lieber doch ein großes Schlauchboot mit Zelt? Oder die Plattform, von der man mittlerweile immer mehr hört und liest.
So ein Boot hat natürlich schon etwas, allerdings ist man doch ein wenig eingeschränkt. Man braucht immer einen Platz zum Slippen, das passende Gewässer, das nötige Kleingeld und natürlich ggf. einen Liegeplatz für Sommer und Winter. Leider gestaltet sich so ein Boot auf Grund meiner Wohnlage äußerst schwierig und zwischen 500 und 1000 Euro für einen Liegeplatz sind auch nicht gerade günstig. Das Boot selbst, lag mit allen Kosten bei knapp 7000 Euro. Viel Geld, um den Traum wahr werden zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt fehlte mir einfach das nötige Kleingeld und so schaute ich mich weiter um. Nun lag die Wahl zwischen einem Schlauchboot mit Zelt oder eben der Plattform. Ich entschied mich letzten Endes für die Plattform. Denn diese war günstiger und bot mehr Platz, gerade um auch mal zu zweit loszuziehen. Lediglich beim Gewicht waren beide auf einer Höhe. Ich holte mir noch ein paar Infos von jemandem ein, der sie schon besaß, um auch wirklich auf Nummer sicher zu gehen. Als der Entschluss dann stand, hieß es kräftig sparen. Nach ein paar Monaten bestellte ich schließlich die Raptor Plattform xl. Mit 2500 Euro eine ganze Menge Geld, aber mein Entschluss stand fest. Nach nur 3 Tagen kam sie dann auch schon bei mir an, von Holland hier her zu mir an die Müritz schafft nur DHL Express ;).

WAS BRAUCHT MAN ALLES?
Bevor es das erste Mal losging, wollte ich sie aber unbedingt vorher schon mal aufbauen. Alleine, um ein Gefühl für das Ganze zu bekommen und die Ösen für das Zelt zu kleben. Gesagt, getan und dann festgestellt, dass ich auch noch das passende Zubehör brauchte. Das hatte ich vor überschwänglicher Euphorie völlig vergessen.
Vier Anker sollten es schon sein. Dazu ausreichend Ankerstangen aus 3/4 Zoll Rohren, die ich aus dem Baumarkt besorgte. Ankerleine mit jeweils mindestens 25m Länge, um für jede Situation gerüstet zu sein, durften auch nicht fehlen. Des Weiteren ist es zu empfehlen sich auch eine zweite Elektropumpe zu kaufen. Das spart Zeit und belastet die  einzelnen Pumpen auch nicht so stark. Bei den Pumpen griff ich auf die Modelle von Bravo zurück. Da nun alles besorgt war, stand meiner ersten Reise nichts mehr im Wege.

ENDLICH GEHT ES LOS
Ich plante meinen Trip wirklich lange und ausgiebig. Gefunden werden musste ein Gewässer, an dem es A, wirklich Sinn macht den Aufwand zu betreiben und B, muss es eine Stelle geben, die genug Platz bietet, um das Ganze auch zu Wasser lassen zu können, schließlich ist die Plattform 5×5m groß. Einen freundlichen Helfer benötigt man auch, es sei denn man schleift die 120 KG über den Boden oder ist hobbymäßig als Hulk unterwegs.
Nun war es endlich soweit, der Start verlief reibungslos und ich fand ein wirklich schönes Plätzchen für meine Plattform und mich. Vormittags Sonne, kurz nach dem Mittag Schatten dazu schön geschützt. Die Möglichkeit auszusteigen, um mich ein bisschen bewegen zu können war mir auch sehr wichtig. Ein paar schöne Spots fand ich zum Glück auch noch. Ich war ehrlich gesagt so glücklich. Weit und breit keine anderen Angler, keiner kommt einem in die Quere und niemand hatte hier zuvor auf Karpfen angeln können ausgenommen vom Boot natürlich.

HOLPRIGER START
Die Ruten landeten erst spät im Wasser und so war es schon 19 Uhr, ehe die Montagen dort lagen, wo sie hin sollten. Ich entschied mich zwei Ruten mit Pop up zu fischen und eine mit einem Schneemann. Kontrastreich gehaltene Köder mit visuellem Reiz sollten mir einen Vorteil für die erste Nacht sichern.
Die Nacht verlief sehr ruhig und so blieben die Bissanzeiger stumm. Am frühen Morgen beobachtete ich das Wasser und konnte durchaus ein paar Eindrücke und Erkenntnisse aufnehmen, die mir für die nächsten Tage vielleicht weiterhelfen würden. Aber erstmal abwarten. Um halb zehn morgens kam dann der erhoffte Biss. Eigentlich sollte es der erste Fisch mit der Plattform werden, doch leider wurde nichts daraus und ich verlor den Fisch nach kurzem Sichtkontakt in einem Rudel Seerosen. Ein schöner markanter Spiegler um die 15 kg. Ärgerliche Sache, doch auch das gehört beim Angeln einfach dazu. Irgendwas werde ich schon noch überlisten, auch wenn die Bedingungen nicht gerade einfach waren.

ES GEHT NOCH SCHLIMMER
Nach dem ersten verlorenen Fisch, hatte ich zumindest schon mal einen Anhaltspunkt für die kommenden Nächte. So bereitete ich mich tagsüber gut für die Nacht vor. Die Sonne war unerbittlich und mit weit über 30 Grad im Schatten ließ es sich eigentlich nur im Wasser aushalten. Auch die Plattform wurde zeitweise so heiß, dass man sich Barfuß kaum noch auf ihr bewegen konnte. Als es dann abends endlich ein bisschen kühler wurde, legte ich die Ruten neu ab und das Warten begann von vorne. Meine Vorfreude für die Nacht wurde allerdings schnell getrübt. Mit Anbruch der Dämmerung kamen die ersten Hausboote vorbei, die zu allem Übel ihre Anker vor meine Spots warfen. Es dauerte natürlich nicht lange bis der erste Anker meine Schnur erwischte und ich die ersten 100m Geflecht verlor. Gut dachte ich mir, passiert, du hast ja noch Zeit. Ich montierte die Rute neu und brachte sie erneut zum Spot. Als dann Boot Nummer zwei meinen Platz blockierte und erneut meine Schnur einsammelte, sank meine Laune auf den Tiefpunkt. Natürlich wurde noch kräftig gebadet und bis spät abends vom Boot ins Wasser gesprungen, so das meine Hoffnung für die Nacht gegen 0 ging.

Doch da hatte ich mich wohl geirrt und umso größer war die Freude als der Bissanzeiger zum Dauerton ansetze. Dieses Mal konnte ich den Fisch sicher landen und der Bann des ersten Fisches war gebrochen. Ein schöner Spiegler lag vor mir und ich war mega happy. Aufgrund des Wetters und dem ohnehin schon sehr geringen Sauerstoffgehalt wurde der Fisch umgehend in sein Element zurückgelassen und ich verzichtete gänzlich auf Fotos.

AB JETZT GEHT ES BERGAUF
Der Anfang war gemacht und auch Fisch Nummer zwei ließ nicht mehr lange auf sich warten. Es fing an wie am Schnürchen zu laufen und jeden Tag bzw. jede Nacht kamen mehr Fische dazu. Auch zwei Schuppis fanden den Weg in den Kescher, was für dieses Gewässer äußerst selten ist. Leider sah man den Fischen regelrecht an, dass sie in letzter Zeit nur sehr sehr wenig Nahrung zu sich genommen hatten. Teilweise waren die Fische sehr abgemagert und so sahen viele Fische lang und schmal aus, was eigentlich sehr untypisch für das Gewässer ist.

Die Tage vergingen leider wie immer viel zu schnell und so setzte ich noch einmal alles auf eine Karte. Handgeschärfte Haken kamen zum Einsatz, GLM-Liquid und hoch attraktives Futter wurde gezielt und punktgenau eingesetzt. Ein kleiner 15mm Fluo Pop Up in orange sollte es richten. Mein selbst gemachtes GLM-Liquid hatte mich noch nie im Stich gelassen und so ging ich mit der größten Erwartung in die letzte Nacht. Doch diese verlief leider ruhiger als gehofft. Vielleicht war es auch einfach den sieben Hausbooten geschuldet die vor Anker lagen, aber irgendwie hatte ich noch so ein Gefühl.

EINPACKFISCH ODER EINPACKBOOT?
Ich fing schon mal an zu packen und hatte mir vorgenommen: „Das letzte, was du aus dem Wasser nimmst, sind deine Ruten.“ Die Zeit lief gnadenlos gegen mich und selbst mein Helfer, der mich abholen sollte, musste schon eine halbe Stunde auf mich warten. Ich wollte einfach nicht aufgeben. Ich schaute auf das Wasser und bemerkte, dass eines der Hausboote den Anker lichtete. Ich dachte: „Das war´s jetzt, nun kannst du die Ruten getrost reinholen.“
Das Boot war gerade auf Höhe meines ersten Spots, als der Bissanzeiger im Dauerton losging. Ich war mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob es wirklich gebissen oder ob das Boot mich eingesammelt hatte. Ich sprang schnell ins Beiboot und stellte mit Entsetzen fest, dass der Kapitän vergessen hatte seinen vorderen Anker zu lichten. Ich rief ihm zu, doch es dauerte einen Moment bis er mitbekam, dass ich ihn meinte. Natürlich hatte er mit seinem Anker nun auch schon meine anderen beiden Ruten erwischt. Welche Worte einem da so auf den Lippen liegen, könnt ihr euch sicher vorstellen.

Ich befreite meine Schnur und dachte: „Jetzt bloß aus dem Wirrwarr rauskommen ohne selbst in die Schnur zu fahren.“ Meine Rute war natürlich irgendwo fest, so dass ich mich mit hoch geklappten Motor zum Spot pumpen konnte. „Hier stimmt etwas nicht!“ Wieso geht die Schnur hier in die Seerosen und meine 30m Schlagschnur sind noch nicht mal zusehen? Ich fummelte mich Stück für Stück Voran und siehe da, ein schöner Spiegler hatte sich in den Rosen fest gemacht.
Zum Glück konnte ich ihn mühelos befreien und so wurde auch der Einpackfisch noch sicher gekeschert. Im Kescher betrachtete ich das gute Stück und freute mich über diesen tollen Abschluss.

Am Ende kamen 14 Fische zusammen, über 1000m verlorenes Geflecht und ich bin gefühlte 10 Jahre älter geworden und trotzdem wäre ich nirgendswo lieber unterwegs gewesen als mit der Plattform zu dieser Zeit an diesem Ort.

Gruß Micha