Karpfenangeln vom Boot – Ausrüstungstipps Part 1

Wenn man beim Angeln nicht mehr vor dem Zelt sitzt und aufs Wasser schaut, sondern der Ausblick plötzlich genau anders herum aufs Land fällt, dann angelt man wohl vom Boot. Diesen Perspektivwechsel habe ich vor einigen Jahren selbst erlebt und beobachte nun, wie immer mehr Gleichgesinnte folgen. Dabei sehe ich aber auch des Öfteren die abenteuerlichsten Konstruktionen. Von zusammengebundenen Schlauchbooten mit Plattformen darauf, bis hin zu Anglern, die den Karpfen auf mehreren tausend Hektar Wasserfläche von Ruderbooten aus nachstellen. In diesem ersten Teil des zweiteiligen Blogbeitrages, möchte ich dich mitnehmen auf eben diese großen Seen und euch von meiner Art und Weise der Bootsangelei erzählen. Dabei werde ich dir passendere Ausrüstungen vorstellen. Gespickt mit informativen Tipps und Tricks, sollen aber auch Anekdoten aus meiner Zeit des Bootskarpfenangelns nicht zu kurz kommen.

Jahrelang bin ich, wie sicher die meisten von uns, mit Schirm oder Zelt „bewaffnet“ ans Wasser gefahren und habe mir die Nächte an möglichst abgeschiedenen Landangelstellen um die Ohren geschlagen. Doch vor einigen Jahren änderte sich meine Angelei grundlegend und ich fand den Weg zum Bootskarpfenangeln. Diese Art den Rüsslern nachzustellen, wird in jüngster Vergangenheit immer beliebter und Firmen springen reihenweise auf den Zug mit auf. Mittlerweile ist dieser Sektor wohl aus dem modernen Karpfenangeln nicht mehr wegzudenken. Doch sehe ich darin auch Gefahren, die durch Unwissenheit schnell lebensbedrohlich werden können. Ich möchte versuchen mit diesem Artikel dem interessierten Neueinsteiger zur richtigen Ausrüstung zu verhelfen, dadurch Fehlkäufe zu vermeiden und vor allem nicht am falschen Ende zu sparen. Denn auch ich hatte das Glück in einem befreundeten Karpfenangler einen Partner zu finden, der mich unterstütze und hilfreiches Wissen an mich weitergab. Sicherlich können aber auch Fortgeschrittene hilfreiche Aspekte aus meinen Erfahrungen ziehen.

 

DIE EINSTEIGERVARIANTE
Anfangs habe ich noch semiprofessionell vom Schlauchboot aus gefischt. Teilweise schliefen wir zu zweit auf dem einen und drillten mit dem anderen Boot. Nicht immer verankerten wir uns dabei so in Ufernähe wie es auf dem Bild zu sehen ist. Drehende Winde und falsches Equipment brachten uns dabei nicht nur einmal in brenzlige Situationen. So blieb nur eines übrig und zwar über die Jahre aufzurüsten.

Ein Kollege besaß schon damals ein Flachbodenboot mit einem passenden Verdeck. Infiziert vom neuen Spirit durchforschte ich das Internet, um auch für mich ein passendes Boot zu finden. Es sollte den Anforderungen der Großgewässer standhalten, musste aber auch bezahlbar bleiben. Schließlich ist das Boot ja nicht alles. Ein ordentliches und vor allem auch stabiles Verdeck musste zusätzlich her, ebenso Anker, Seile, Rod Pod, Beleuchtung und vieles mehr. Ein Fass ohne Boden, was viele von einer solchen Investition abhält oder nur zum Kauf eines größeren Schlauchbootes bewegt. Doch dies kam für mich nicht in Frage. Das Revier in dem ich vorrangig angle, lässt keine Halbherzigkeiten zu und verzeiht im schlechtesten Fall auch keine Fehler. Unvorhergesehene Wetterwechsel können dir hier das Angeln von einer Minute auf die nächste gewaltig verderben. Wellengang von über einem Meter Höhe und starke Sturmböen sollten mich, aber vor allem mein Equipment, zukünftig auf Herz und Nieren prüfen.

Was braucht man also nun wirklich, um diesen Anforderungen standzuhalten und es nebenbei noch etwas bequem zu haben?

DAS BOOT – ALU VS. GFK
Fangen wir bei der Basis an, dem Boot. Zum Standard entwickeln sich immer mehr die Aluminiumboote eines holländischen Herstellers. Für viele Reviere sicherlich ein passendes Gefährt. Auf großen Wasserflächen von mehreren hundert Quadratmetern, stellt es für mich aber keine Alternative dar. Bei schönem Wetter und Ententeich hat man sicher seine Freude damit, aber für ordentlichen Wellen aufs eigene Ufer stelle ich mir die Konstruktion ungenügend vor. Die Rumpfform sagte mir absolut nicht zu. Aus diesem Grund entschied ich mich für ein Boot aus GFK in Katamaranform. Der Rumpf schneidet die Welle besser und das monotone Klatschen der Wellen am Bug wird gedämpft. Die Welle kann besser unter dem Boot durchlaufen. Geräusche gibt es natürlich trotzdem, aber eben nicht so stark. Der Werkstoff Aluminium bietet sicherlich Vorteile hinsichtlich der Pflege und Wartung des Bootskörpers und auch sonst erscheinen mir die Boote in ihren Abmessungen geeignet. Entscheiden muss das jeder für sich. Wer sich am Ufer festbindet und nicht mitten auf dem See ankert, für den stellen sich weitaus geringere Anforderungen ans Boot.
Ein wesentlicher Aspekt, wenn nicht sogar der Wichtigste, ist aber die Bordwandhöhe. Diese sollte mindestens zwischen 60-70 cm liegen. Bei meinem ersten Boot betrug sie am Heck 61cm, seitlich jedoch nur 51cm, vom Boden aus gemessen. Ich habe damit so einige stürmische Nächte erlebt und bin auch nicht immer ganz trocken davongekommen. Niedriger sollte es aber wirklich nicht sein. Kleinere Modelle wie z.B. aus der Caroliner Sciff-Serie liefern ähnliche Maße, sind aber meiner Meinung nach dann auch nur bedingt für Großgewässer geeignet. An windunanfälligen Seen oder beim Ankern im Windschatten reichen solche Boote meist aus.

DAS BOOT  – DIE MAßE
Was Länge und Breite betrifft, kann ich Boote ab 5m Länge und ab 1,70m Breite empfehlen. Fischt man häufig zu zweit, sollte die Breite aber mindestens 2m betragen. Nur so lassen sich 2 Liegen nebeneinander aufstellen. Ich habe mir damals eine Art Lattenrost als Unterkonstruktion gebaut und darauf eine Luftmatratze gelegt. Wenn man sich gut kennt und entsprechend vorsichtig mit der Matratze umgeht, lässt es sich auch so einige Tage zu zweit auf einem schmaleren Boot aushalten.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir uns abends hingelegt haben und nach einer halben Stunde merkten, dass die Luft in der Matratze immer weniger wurde. Nach einer Weile konnten wir das Loch glücklicherweise finden und mit Flickzeug für die Wathose, Sekundenkleber und UV-Kleber dicht bekommen.

DAS BOOT  – KAJÜTE VS. FLACHBODENBOOT
Wer Wind und Wetter trotzen will und das Boot auch gerne mal mit der Familie nutzen möchte, für den ist ein Kajütboot gegenüber dem Flachbodenboot vielleicht die bessere Wahl. Auch ich probiere mich gerade in dieser Richtung aus und bin bisher nicht abgeneigt. Nachteile sind die Größe, das höhere Gewicht gegenüber meines ersten Bootes sowie die damit verbundenen Einschränkung bei der Wahl der Slipstelle. Das Boot einfach mal an einem schrägen Ufer einzulassen, fällt damit aus. Mit großen Booten benötigt man immer befestigte Slipstellen, was wiederum mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Teilweise kostet ein Slipvorgang 20 Euro, plus die Kosten für das Parken des Trailers.

Tipp: Entscheid man sich für ein GFK Boot, sollte man es vermeiden dies auf Land zu ziehen oder dem Gelcoat sonstige Beschädigungen zuzufügen.

Der beste Schutz für das GFK ist eben dieser Gelcoat. Er ist robuster und schützt den Glasfaserverbundstoff wesentlich effektiver vor Umwelteinflüssen als jeder Lack dies tun könnte. Somit wird auch Osmose vorgebeugt. Davor hat wohl jeder Bootsbesitzer/ Käufer Angst. Aber was ist das eigentlich?

GFK KILLER OSMOSE
Der Begriff „Osmose“ beschreibt im Grunde einen in der Natur alltäglichen, physikalischen Prozess der Diffusion von Wasser. Die Blasen, die man schließlich in der Außenhaut des Bootes sieht, sind somit das Ergebnis eines osmotischen Prozesses. Die Ursachen für eine Osmose sind vielfältig. Häufig wurden bereits Fehler beim Bau des Bootes getätigt. Minderwertige Materialqualitäten oder nicht fachmännische Verarbeitungsmethoden sind meist der Grund dafür. Aber auch die Umwelteinflüsse während der Nutzung spielen eine wichtige Rolle.  
Wie so oft, ist es das Zusammenspiel mehrerer Schwachpunkte, die den Wasserdampf von außen durch das Gelcoat, in die kleinen Hohlräume des Laminats diffundieren lassen. Dort kondensiert der Dampf zu Wasser und kann in dieser Form nicht mehr zurück entweichen. Das Wasser reagiert dort mit wasserlöslichen, chemischen Substanzen von Harz, Härter oder Bindemittel. Diese Flüssigkeit versucht sich weiter zu verdünnen und zieht immer mehr Wasser von außen in den Hohlraum. Der auf diese Weise entstehende Innendruck verformt das Gelcoat und zeichnet sich als Blasenbildung in der Außenhaut ab. Zuletzt ist der Innendruck in den Blasen so groß, dass das Gelcoat sogar aufplatzen kann. Ist der Gelcoat beschädigt oder wird mit der Zeit durch einen Anstrich ersetzt, begünstigt das natürlich diesen Prozess. Das Material wird dadurch weich und instabil. Bei Osmose bleibt nur das großzügige Herausschneiden der betroffenen Stellen, um diese im Anschluss neu zu laminieren.
All dies kann einem natürlich mit Aluminiumbooten nicht passieren.

DER AUFBAU
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Aufbau für das Boot. Auch hier stand ich vor der Frage: „Gebe ich viel Geld für eine Maßanfertigung aus oder kaufe ich mir für wenige hundert Euro ein Allroundmodell von der Stange?“. Ich entschied mich für die Maßanfertigung mit Edelstahlgestänge und atmungsaktivem Stoff. Der Preis war zwar mit 1400,- Euro um ein Vielfaches höher als beim Modell von der Stange, denn diese liegen zwischen 300-500 Euro, ich habe es aber noch keine Minute bereut das Geld dafür investiert zu haben.
Ich kann mich noch genau erinnern, als der Wetterbericht bei einer Frühjahrssession vor 3 Jahren plötzlich Sturmböen, Gewitter und Starkregen ansagte. Ich befand mich mitten auf dem See und  überlegte mich daher windgeschützter in einer Bucht zu positionieren. Dafür hätte ich aber meinen Futterplatz aufgeben müssen und der lief gerade erst so richtig an. Mit einer Nussschale und 0815 Zelt wäre ich ganz sicher geflüchtet oder dann später weggeflogen. Aber mit Vertrauen in mein Equipment, setzte ich das Boot nur etwas weiter unter Land und bereitete mich vor.
Ich sicherte die Ruten zusätzlich zu den Poseidon Rod Keepern mit einem Expander, legte einen vierten Anker und dichtete alle Ritzen zwischen Boot und Verdeck ab. In dieser Nacht schlief ich nicht wirklich viel und gut, doch das lag nur teilweise am Unwetter. Trotz der Böen bis 75km/h bissen in den Regenpausen zwischen den Gewittern auch immer wieder hammermäßige Fische und ich erlebte eine Session, die ich wohl nie vergessen werden. Aufgestachelt durch den heftigen Wind, der peitschend die Wellen übers Wasser trieb, gelangte ordentlich Sauerstoff ins Wasser. Mit dem Sediment wurde Nahrung aufgewühlt und die Fische gerieten in einen regelrechten Fressrausch.

Freunde nannten mein erstes Boot immer „die fahrende Schrankwand“. Das hohe, braune Verdeck erweckte bei ihnen wohl den Eindruck eines Wohnzimmermöbels. Doch gerade die Höhe ist von Vorteil bei längeren Turns. Der Rücken dankt es einem, sich mal aufrichten zu können und dies vor allem an langen Regentagen. Müsste ich ständig gebückt auf der Liege sitzen, würde ich heute bestimmt nicht  mehr zu den Bootsanglern gehören, sondern eher dem Kreis der Menschen angehören, die eine Rückenschule besuchen. Ein weiterer positiver Effekt einer solchen Maßanfertigung, ist die freie Farbwahl und die wirkliche Atmungsaktivität des Stoffes. 

Das richtige Boot zu finden ist oft gar nicht so einfach und auch ich habe den perfekten schwimmenden Untersatz für mich noch nicht so richtig gefunden. Vielleicht helfen dir aber meine Erfahrungen und dabei Fehlkäufe zu vermeiden. Im nächsten Teil dieses zweiteiligen Blogbeitrages werde ich dir meine Erfahrungen und Empfehlungen bezüglich der richtigen Motorwahl, Ankern, Seilen, dem richtigen Rod Pod und weiterer nützlicher Helferlein vorstellen.
Also stay tuned und sei beim nächsten Mal wieder dabei.

Dicke Fische – Euer Karsten