Aus diesem Grund bringen immer mehr der großen Tacklefirmen, Produkte für diese Art der Angelei auf den Markt. Wie immer, wenn etwas gerade angesagt ist, ist das Tackle sehr teuer und kann meist ausschließlich für das Bootsangeln verwendet werden.
Ich bin Phil und möchte euch in diesem Artikel zeigen, dass man nicht zwingend viel Geld für Neuanschaffungen ausgeben muss, sondern auch sein alltägliches Tackle dafür nutzen kann. Mit etwas Erfindergeist und Geschick kann man sich aber auch selbst Abhilfe schaffen.
1. Das Mutterschiff
Wer vom Boot angeln möchte, benötigt natürlich erst einmal ein ausreichend großes Boot als Basis für dieses Vorhaben. Viele nutzen ein Ruder- oder ein Schlauchboot. Im Netz findet man viele Boote von über 4 oder sogar 5 Metern Länge. Mir sind diese Boote jedoch zu groß und ich benötige sie für meine Angelei ansonsten auch nicht. Daher habe ich mich bewusst für ein 3 Meter langes Schlauchboot entschieden, weil ich es bei meiner alltäglichen Angelei nutzen kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass es fast vollständig aufgepumpt in meinen Bulli passt, sodass ich äußerst schnell beim Auf- und Abbau bin.
2. Der Wetterschutz
Jeder hat bestimmt schon einmal erlebt, wie schnell das Wetter umschlagen kann. Also muss ein Dach her. Zunächst hatte ich mir ein Bootszelt zugelegt, welches aber nicht so funktional war, wie ich gedacht hatte. Also versuchte ich mein vorhandenes 60 Zoll Brolly für mein Vorhaben nutzbar zu machen. Ich habe es einfach auf das Boot gestellt und alle Befestigungsösen mit dünnen Schnüren oder Spannbändern mit dem Boot verknotet. Somit hatte ich eine fast kreisrunde Überdachung auf dem Boot und konnte meine Liege quer auf dem Boot befestigen. Das bietet mir nun selbst auf so einem kleinen Raum den nötigen Platz, um mich vernünftig bewegen zu können.
Selbstverständlich braucht man noch ausreichend große Anker, die das Boot auch am Platz halten können. Da benötigt man schon mal schnell Gewichte von jeweils 15-20kg. Schwere Steine aus dem Gartenbedarf sind billig und dafür wie geschaffen. Aber wer nicht so viel mit sich rumschleppen will, kann sich auch M-Anker in der Gewichtsklasse von ca. 7,5-10kg zulegen.
Die Basis wäre damit geschaffen und der Brolly schwimmt.
“Durch die große Kralle graben sie sich zuverlässig ins Sediment und man kommt auch mit weniger Gewicht aus.”
3. Ruten und Rod Pod
Hinzu kommt nun noch das Gerät, das wir zum Angeln benötigen. Ohne ein vernünftiges Bootspod kann man die Ruten nur mit langen Banksticks im Flachwasser aufbauen und muss sein Boot daneben verankern. Ich habe mir mein Tripod so umgebaut, dass ich es am Spiegel meines Mutterschiffes befestigen kann. Zwei kleine Schraubzwingen, welche ich am Drehgelenk des Pods festgeschweißt habe, eignen sich dafür perfekt. So bin ich uneingeschränkt bei der Platzwahl und kann auch in tieferem Wasser vor Anker gehen.
“Als perfekte Rutenlänge haben sich bei mir 10ft Versionen herauskristallisiert.”
Zum einen sind die Ruten beim Transport besser zu händeln und zum anderen gestaltet sich der Drill einfacher, als zum Beispiel mit 12ft Stecken. Zuletzt benötigen wir nur noch ein kleineres Beiboot zum Auslegen der Montagen und natürlich zum Drillen der Fische. Ein 180er ist hierfür vollkommen ausreichend. Dann kann es auch schon losgehen.
4. Gefahren des Bootskarpfenangelns
Das Wetter spielt beim Karpfenangeln eine sehr große Rolle. Beim Bootskarpfenangeln ist es nicht anders, nur dass man schnell zum Spielball der Naturgewalten werden kann. Die größte Gefahr geht dabei wohl vom Wind aus. Man kann sich zwar im Windschatten Schutz suchen, aber in den meisten Fällen wählt man ja diese Art der Angelei, um an großen Seen an die unerreichbaren Spots weit draußen zu gelangen. Das heißt, es kann vorkommen, dass man irgendwo mitten auf dem See ankert. Hier kann sich der Wind richtig aufbauen und man stellt die größte Angriffsfläche für ihn dar. Wenn am Ufer nur ein laues Lüftchen weht, schaukelt das Boot im Freiwasser bereits recht stark. Ist man dann nicht ausreichend stark verankert, kann das Hauptboot anfangen wie wild zu schaukeln und beginnt letztlich zu wandern. Dabei können sich die Montagen verziehen und die gesamte Session kann zur Tortur werden.
“Deswegen schaue ich Tage vorher, wie sich der Wind verhält. Welche Richtung schlägt er ein und wie stark wird er blasen? Dafür kann ich euch die Windfinder-App wärmstens empfehlen.”
5. Sein Boot sicher parken
Um mein Boot so ruhig wie möglich auf dem Wasser halten zu können, nutze ich die erwähnten Anker in Verbindung mit ausreichend langen Seilen. Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Ich möchte mein Hauptboot in einer Wassertiefe von 5 Metern fest machen. Ich setze den ersten Anker in der Richtung, aus der der Wind kommt mit einem ca. 20-30 Meter langen Seil, um einen recht flachen Winkel des Ankerseils zu bekommen. Durch den flachen Winkel gebe ich dem Anker die Möglichkeit sich tief in den Boden zu graben.
“Als Faustformel kann man sich einen Grundsatz aus der Seefahrt merken: Das Ankerseil sollte in etwa die fünffache Länge gegenüber der Gewässertiefe, über der man ankert, haben.“
Der Wind zieht das Boot gerade und ich kann den zweiten Anker, mit Hilfe meines Beibootes, schräg, in einem Winkel von ca. 120 Grad zum ersten Anker, am Heck setzen. Natürlich mit gleicher Seillänge und gleichem Ankergewicht. Mit dem dritten Anker richte ich das Boot aus und spanne es. Auch diesen Anker setzte ich etwa 120 Grad zum Frontanker auf der anderen Seite des Hecks. Nun steht das Boot richtig sicher.
Das Ankermanöver braucht etwas Zeit und Übung. Vor allem bei drehendem Wind kann das Ganze zu einer Geduldsprobe werden. Wenn nun das Hauptboot richtig steht, kann es endlich mit dem Angeln losgehen.
6. Lästiges Piepen vermeiden
Bei einigen Bootsanglern habe ich beobachtet, dass sie ihre Swinger nach vorn einhängen um lästiges Piepen zu verhindern. Nach vielen verschiedenen Versuchen habe ich herausgefunden, dass man das nicht zwingend machen muss. Ich verwende ausreichend große Bleie an den Montagen (170-230gr) und stelle die Rutenspitzen nach oben. Wenn das Boot nun schaukelt oder man sich auf dem Boot bewegt, werden diese Schaukelbewegungen somit über die Rutenspitzen abgefedert und man bekommt erst bei einem richtigen Biss die Rückmeldung vom Bissanzeiger. Leichte Swinger verstärken diesen Effekt, da sie nicht genügend Druck auf die Schnur bringen um zu fallen, wenn die Rutenspitze mal nicht ausreichend Spannung hat. Eine andere Möglichkeit ist es, die Schnüre schlaff durchhängen zu lassen und Slag line zu fischen. Um Piepser zu vermeiden, sicher auch sehr effektiv, mir fehlt ehrlich gesagt aber das Vertrauen darin, weil ich auch oft genug schon Fallbisse bekommen habe. Wenn nun die Ruten richtig liegen, kann man sich um das Leben auf dem Boot Gedanken machen.
7. „Boatlife“
Hierbei ist es wichtig darauf zu achten, sich langsam und ruhig zu bewegen. Jede Bewegung überträgt sich auf das Boot und spiegelt sich in Schaukeln oder in polternden Geräuschen wieder, welche sich direkt ins Wasser übertragen. Auch beim Kochen sollte man darauf achten, dass man sich eine gerade, nichtbrennbare Unterlage für den Kocher überlegt. Sollte dieser umfallen, kann der Angeltrip wort-wörtlich, schnell ins Wasser fallen. Ein Bivvytable aus Metall mit verstellbaren Füßen erscheint mir hierfür die beste Lösung zu sein. Zum Schluss sollte man sich noch im Klaren darüber sein, dass die Bewegungsfreiheit natürlich etwas eingeschränkt ist. Man kann sich auf die Liege legen, sich hinsetzen oder auch mal auf das Beiboot gehen und sich hinstellen. Im Sommer kann man natürlich auch mal eine Runde schwimmen gehen.
“Grundsätzlich ist man jedoch mehr oder weniger „eingesperrt“ und muss sich zu beschäftigen wissen. Aber glaubt mir, das Feeling entschädigt für alles und sind wir mal ganz ehrlich, angelt man von Land, ist der Bewegungsradius ums Zelt herum auch nicht besonders groß.”
Auch die Befriedigung einiger Grundbedürfnisse des Menschen kann sehr abenteuerlich werden, wenn man nicht direkt in Ufernähe ankert und dementsprechend einfach mal schnell an Land fahren kann. Man muss kreativ sein, aber das überlasse ich jetzt mal jedem selbst.
Freiheit spüren
“Karpfenangeln ist für mich an sich schon der Inbegriff von Freiheit. Aber das Ganze vom Boot aus zu betreiben, ist für mich noch einmal eine gewaltige Steigerung.“
Weit und breit kein anderer Angler, man kommt an Spots, die sonst nie befischt werden, niemand stört die Ruhe und das Erlebnis. Es ist einfach atemberaubend, wenn man morgens von Karpfen geweckt wird, die direkt neben dem Boot rollen. Man wird wach, macht sich einen Kaffee und beobachtet die Fische im Sonnenaufgang. Ich kann mir einfach nichts Schöneres vorstellen. Probiert es aus, fühlt die Freiheit auf den großen Seen. Das Tackle dafür habt ihr bestimmt schon im Keller.
Ich wünsche euch immer eine Hand breit Wasser unter dem Kiel und allzeit straffe Schnüre.
Euer Phil
Wer mehr zum Thema Karpfenangeln vom Schlauchboot erfahren möchte, für den habe wir hier noch etwas! Schaut doch mal rein:
Wer dachte er hat mit Part I schon alles gesehen, der irrt….